Kleinfischlingen: Rundwanderung entlang der Gemarkungsgrenzen

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Wer hätte an gesprengte Weltkriegsbunker gedacht oder an einen römischen Gutshof, als er der Einladung der Gemeinde Kleinfischlingen zu einer 8 km langen Rundwanderung entlang der Gemarkungsgrenzen folgte?

Am ersten Sonntag im sonnigen September 2023 konnten sich vierzig Bürger.innen nicht nur über seltsame Versprünge in den Grenzverläufen zwischen Wingerten und Äckern wundern, wo vor mehr als tausend Jahren mit Großfischlingen vermutlich Römergut aufgeteilt wurde.

Sondern sie wurden zum Beispiel auch von Berichten älterer Teilnehmer über Quellen überrascht, deren Lage man heute in den trockenen Äckern nicht mehr erahnen kann. So kamen bald die Bemühungen des Reichsarbeitsdienstes 1935 zur Trockenlegung des Kaltenbachbruchs in Erinnerung. Aber auch der heutige ökologische Wert des ausgewiesenen Naturschutzgebiets sprang den Wandergrüppchen ins Auge.

Das jüngste Mitglied der Dorfgemeinschaft genoss den Transport im Tragesack. Die alten Herren waren aber auch froh über die Entlastung ihrer Beine beim Picknick am Bruch und bei Kaffee und Kuchen im Vereinsheim des Tennisclubs. Die kleine Gemarkung ließ natürlich immer einen Blick auf die heimischen Kirchtürme zu. Trotz geringer Entfernung zum Dorf mussten jedoch Bürger aus dem Neubaugebiet gestehen, dass ihnen die eine oder andere Ecke an den gemeinsamen Grenzen bis dato noch fremd war. Am Ende hatten sich alle gemerkt, wo Freimersheimer, Niederhochstadter, Oberhochstadter, Essinger und Großfischlinger Grund und Boden beginnt.

Die Führung hatte der alteingesessene Kurt von Nida übernommen. Seine kurzweiligen Erzählungen umfassten auch Veränderungen in der Landschaft in früheren Zeitaltern. Besonders aber die Verschiebungen der Gewannen und der Wegeführung und die Entwicklung im Acker- und Weinbau infolge der Flurbereinigung vor fünfzig Jahren ermöglichten einen Zugang zum Erwerbsleben der Vorfahren und zu heutiger Nutzung der guten Ackerböden. Die alten Gewannenamen weckten viele Erinnerungen bei den Älteren.

Da passte zur Belustigung der bunten Gesellschaft wieder die Geschichte aus vergangenen Jahrhunderten, als weder die Oberhochstadter noch die Kleinfischlinger die Kosten für die Beerdigung eines am Kaltenbach tot aufgefundenen Wohnsitzlosen übernehmen wollten. Nachts hätten sie mehrmals den Leichnam heimlich wieder über den Grenzbach hinübergetragen und jeweils dem Nachbardorf den teuren Aufwand zugemutet.

Ortsbürgermeisterin Regina von Nida konnte sich wieder einmal für viele leckere Beiträge spendierfreudiger Kleinfischlinger Hausfrauen zur Verpflegung beim Picknick und beim Nachmittagskaffee bedanken. So war einhelliges Lob für den gelungenen Sonntag zu hören, der letztlich auch dazu dienen konnte, die Bindung der Einwohner an ihre Wohngemeinde zu festigen.

Text und Fotos: Regina von Nida

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